Ende August habe ich es mit Sebastian und seinen zwei Kindern mal wieder gewagt ins Ausland, genauer gesagt nach Frankreich in das Département Hautes-Alpes zu reisen. Anfangs galt die Region noch nicht als Corona-Gefährdet. Doch kaum hatte wir uns eingelebt erreichte uns die Info, dass wegen der steigenden Infektionen die Region Provence-Alpes-Côte d’Azur als Risikogebiet eingestuft wurde. Durch eine genauere Recherche fanden wir heraus, dass hauptsächlich die Départements am Mittelmeer mit dem Hotspot Marseilles betroffen sind. Leider wurde unser Randbezirk in den Alpen dennoch ebenfalls zum Risikogebiet erklärt.
Aber obwohl die Ereignisse nicht zu unseren Gunsten standen, haben wir die wenigen Tage ausgiebig genossen. Völlig unbeeindruckt von unserer menschlichen Misere zeigte sich die Natur in ihrer Sommerpracht. Die Schmetterlinge sogen die Wärme der Morgensonne auf und der Tau glitzerte auf den blauen Kugeldisteln.
Ein Ausflug hat mich besonders beeindruckt: die Wanderung zum Glacier Blanc an der Barre des Écrins, dem südlichsten 4000er der Alpen. Im letzten Jahrhundert hat sich dieser Gletscher noch kilometerweit ins Tal erstreckt. Damals waren die beiden Zungen des Glacier Blanc und Glacier Noir noch miteinander verbunden. Heute haben sich die Gletscher weit zurückgezogen und ein idyllisches Tal mit lichten Wäldern und fruchtbaren Wieseninseln hinterlassen. Dennoch sind die Überbleibsel der Gletscherlandschaft sehr beeindruckend – wie sich das Eis mit dem Fels verzahnt und aus den Fingern der weißen Masse das Wasser in den Felsrinnen ins Tal hinunterrauscht. Auf den Plateaus bilden sich Seen, die das Wasser für einen kurzen Moment zur Ruhe kommen lassen, bevor es wieder Fahrt aufnimmt und sich über die nächste Kuppe in die Tiefe stürzt.
Doch wie lange dürfen wir solch eine Szenerie noch betrachten und diesem Spektakel beiwohnen? Die Kinder und auch wir Erwachsene waren beeindruckt in Anbetracht dieser gewaltigen Eismasse, obwohl sie im Grunde nur noch ein Schatten ihres ursprünglichen Ausmaßes ist.